Reis+ Beitrag für die Neue Öffentlichkeit

“Der Zuschauer nimmt Einfluss auf das lineare Fernsehprogramm? Ein schwieriges Unterfangen. Diesen Eindruck vermitteln zumindest die ausbleibenden Erfolge bisheriger Experimente mit interaktiven Formaten. Muss sich das lineare Fernsehen hinsichtlich Interaktivität gegenüber Video-on-Demand- und den Bewegt- bildangeboten von Onlineplattformen geschlagen geben?”

Dies ist eine von vielen Fragen, die sich Martin im letzten Jahr in seiner Masterarbeit gestellt hat. Herausarbeiten konnte er eine Definition verschiedenener Interaktionsformen sowie 15 Kriterien, die beeinflussen ob und wie Interaktivität im linearen Fernsehen funktionieren kann. Das ist ihm tatsächlich so gut gelungen, dass nun eine Zusammenfassung seiner Ergebnisse in einem Tagungsband veröffentlicht wurde. Dieser Beitrag profitiert dabei von den Erfahrungen, die wir mit unserer interaktiven Produktion Breaking News sammeln konnten.

Bereits 2016 haben Ben und Martin zum ersten mal in Technische Innovationen – Medieninnovationen?: Herausforderungen für Kommunikatoren, Konzepte und Nutzerforschung (LINK zum Buch) unsere Erkenntnisse veröffentlicht, die wir aus Eurer Teilnahme an unserem Projekt gezogen haben. Mit seinem zweiten Beitrag hat Martin sich nun noch tiefer in das Feld der interaktiven Fernsehunterhaltung begeben und dabei unter anderem interessante Experten-Meinungen gesammelt. Er sprach mit Ricardo Rubio González dem Head of New Media Research bei SevenOne Media sowie Hauke Gerdes vom Kliemannsland und Anja Räßler, der Redaktionsleiterin für Show- und Light-Entertainment bei Rocket Beans TV und schließlich mit René Welz einem Experten für HbbTV-Technologie der HTWK Leipzig. Unten auf dieser Seite haben wir Euch die 15 Kriterien aufgeführt. Fühlt Euch frei zu diskutieren, zu argumentieren und Eure Meinung in den Kommentaren kundzutun.

Wer Den ganzen Beitrag lesen möchte, der besucht den Buchladen seines Vertrauens, Amazon (LINK) oder die nächste gut sortierte Bibliothek. Falls Ihr nett fragt wird Euch Martin aber auch vielleicht seine Ausgabe leihen! (m.blum@reis-plus.de) Neben diesem Beitrag findet Ihr auch viele andere spannende Kapitel von Richard Gutjahr, Wolfgang Kenntemich, Uta Corsa und vielen mehr. Dazu ein Auszug aus dem Vorwort: “Wie sehen die nächsten Entwicklungsstufen in Journalismus und Medien aus? Die wichtigsten Tendenzen skizziert dieser Sammelband. Er liefert Analysen zu Trends wie Big Data und Digitalisierung, Vorschläge und Modelle für den mobilen Journalismus, die Zuschauerinteraktion und –partizipation. Zum Stichwort Fake News gibt er Ratschläge zur Verifikation und stellt praktische Lösungsansätze vor. Schließlich liefert er Praxisbeispiele und einen Ausblick zur Sicherung der Qualität im Journalismus.”

Wir freuen uns, dass wir bei Reis+ eine weitere Kerbe in unser Kompetenzbrett schnitzen konnten und auch im medienwissenschaftlichen Bereich etwas Fuß gefasst haben.
Disclaimer: Ben sitzt gerade an seiner Masterarbeit und Dominic studiert auch schon wieder! Wer weiß? Vielleicht brauchen wir bald ein größeres Holz! :)

15 Kriterien zur Umsetzung interaktiver AV-Inhalte im linearen Fernsehen

1. Aufklärung: Im Vorfeld zu jeder interaktiven Sendung sollte den Zuschauern durch ausführliche Erklärungen wiederholt mitgeteilt werden wie und über welche Kanäle sie den Sendungsverlauf beeinflussen können und welcher Mehrwert sich daraus für sie ergibt. Dabei müssen auch ganz klar die Möglichkeiten und Grenzen des interaktiven Eingreifens in Handlung oder Spielgeschehen kommuniziert werden.

2. Regelmäßigkeit: Die Ausstrahlung interaktiver Formate sollte (auch senderübergreifend) in regelmäßigen Abständen erfolgen, sodass Aufklärung, Konditionierung und Werbeeffekte aufeinander aufbauen.

3. Prime-Time: Der Ausstrahlungszeitpunkt sollte so gewählt sein, dass er zwischen Beendigung des Tagewerks der Zuschauer, aber noch vor dem Verlust kognitiver Leistungsfähigkeit durch Ermüdung liegt. Für den Großteil der Bevölkerung bietet sich auch aufgrund von Gewohnheit die sogenannte Prime-Time ab 20:15 Uhr an.

4. Sympathie: Bekannte Sympathieträger als handelnde Personen innerhalb eines Formates verleiten die Zuschauer dazu, interaktive Elemente initial und vermehrt zu nutzen. Ebenso erzeugt eine Abneigung gegen bestimmte Personen diesen Effekt.

5. Persönliches Involvement: Zuschauer neigen eher dazu, interaktive Elemente zu nutzen, wenn das Format sie mit Themen konfrontiert, die sie auf eine persönliche positive oder negative Weise reizen.

6. Zeitliche Nähe: Die Auswirkung eines interaktiven Elements muss zeitnah zu dessen Abfrage oder Bereitstellung innerhalb der Handlung spürbar sein.

7. Motivation: Während des Verlaufs einer Sendung sollten die Zuschauer durch Einblendungen, Werbeblöcke oder eine Moderation wiederholt zur Teilnahme an interaktiven Elementen aufgerufen werden. Als weitere Anreize können Gewinnspiele oder sowohl materielle als auch immaterielle individuelle Belohnungen dienen.

8. Vollständigkeit: Der Zuschauer sollte die Möglichkeit haben, alternative Optionen, die nicht innerhalb der in der Sendung abgebildeten Handlung gezeigt worden sind, im Anschluss nacherfahren zu können.

9. Optionaler Passivkonsum: Zu jedem Zeitpunkt innerhalb einer Sendung sollte der Zuschauer die Möglichkeit haben, sich aus der aktiven Beteiligung zurückzuziehen, ohne, dass er dabei einen Nachteil erfährt. Ebenso sollte es ihm möglich sein, nahtlos in die interaktive Handlung (wieder-)einzusteigen.

10. Erreichbarkeit: Die Bereitstellung der interaktiven Elemente sollte über ein umfangreiches Angebot an Kanälen geschehen. Der Zuschauer sollte in der Lage sein, einen favorisierten oder den für sich am einfachsten zu erreichenden Kanal frei zu wählen. Im Angebot der interaktiven Elemente darf dagegen über die verschiedenen Kanäle hinweg kein Unterschied bestehen.

11. Usability: Die Bedienung, sowie die Steuerung bzw. die Eingabe interaktiver Elemente sollte sehr einfach gehalten und schnell verständlich sein und darf sich über verschiedene Kanäle hinweg in ihrem Schwierigkeitsgrad nicht unterscheiden.

12. Überschaubarkeit: Je einfacher ein interaktives Element zu bedienen ist bzw. dessen Anforderungen erfüllt werden können, umso eher nimmt ein Zuschauer dieses Angebot auch wahr. Die Beteiligung an interaktiven Elementen mit hohem Schwierigkeitsgrad sollte für den Zuschauer optional sein. Trotzdem sollten diese angeboten werden, jedoch vergleichsweise selten.

13. Freier Zugang: Die interaktive Teilnahme an einem Format darf durch keine umständlichen Anmeldeprozesse behindert werden. Jeder Zuschauer sollte ohne die vorherige Angabe personenbezogener Daten interaktive Elemente nutzen können. Ist dies dennoch nötig, so sollte dies auf ein Minimum und einen einmaligen Anmeldeprozess auf einer auch für andere Formate nutzbare Plattform reduziert werden.

14. Affinität: Für die Teilnahme an interaktiven Formaten darf beim Zuschauer keine erweiterte Medienkompetenz vorausgesetzt werden. Der Produzent ist in der Pflicht, die Affinität des Zuschauers für interaktive und innovative Formate durch dramaturgische Entscheidungen und den Einsatz abgestimmter und überschaubarer interaktiver Tools zu wecken und zu erweitern.

15. Live: Ist es möglich, die Handlung eines interaktiven Formates live darzustellen, so sollte dies getan werden. Ein voraufgezeichnetes Format in ein themengleiches Live-Event einzubetten, kann den Eindruck einer Livesendung simulieren.

100. Inspiration

Unglaublich! Seit nicht weniger als 100 Wochen schreiben wir nun schon unseren Blog ‘Was uns inspiriert’. Manchmal war es einfach, manchmal war es kurzfristig, manches Mal war es purer Stress – aber immer hat es uns Spaß gemacht. Der oder Die du das hier nun liest, genau für Dich machen wir das! Seien es Filme, Gedanken oder technische Spielereien – mit unserem Blog haben wir versucht Dir ein Stück weit näher zu bringen was uns Reis+ eigentlich bedeutet und warum die Faszination ‘Medien’ uns so fasziniert. Für Inspiration Nr. 100 fanden wir, es sei an der Zeit einmal über das menschlichste zu sprechen, was Reis+ zu bieten hat: über uns. Warum machen wir das eigentlich – nicht Reis+ sondern Medien überhaupt? Was ist gut? Was ist schlecht? Was treibt uns an? Was lässt uns verweilen?

Darüber hinaus möchten wir auf einige Änderungen dieses Formates hinweisen. Aufgrund aktueller Begebenheiten wollen wir unsere Energie in Zukunft mehr auf andere – aufwändigere Formate konzentrieren – und werden nicht mehr im gewohnten Wochenrhythmus Inspirationen veröffentlichen. Ihr fragt Euch sicherlich: Why change a winning team? Uns liegt dieses Format sehr am Herzen, da es uns seit unserer Gründung begleitet, aber Euch jeden Link, der uns im Netz begeistert hat vor die Nase zu setzen halten wir mittlerweile nicht mehr für zielführend im Sinne des ‘Was uns inspiriert’ – sei es auch noch so ein interessantes Thema. Unsere Zeit, die wir in Reis+ investieren müssen wir drei uns – nach Daves Ausstieg noch viel mehr – neben Arbeit und Privatleben gut einteilen und in Rücksicht auf unsere aktuellen Ideen wollen wir Euch in Zukunft nun mehr ausführlichere Berichte über Medien liefern, die unserer persönlichen Erfahrung entspringen oder derer wir einfach deshalb mehr Aufmerksamkeit widmen wollen, da sie uns wirklich bewegt und eingehend geprägt haben. Sicherlich finden wir einen Weg Euch dennoch über unser ein oder anderes temporäres Lieblingsvideo zu informieren.

Bis dahin wünschen wir Euch viel Spaß bei Inspiration #100!

 

von Dominic

100 Inspirationen – fast zwei Jahre Themen rund um die Medien. Oder in meinem Fall die Technik im Bereich der Medien. Was ich in den letzten Jahren gelernt habe, ist das jeder ein Künstler sein kann. YouTube, Andrew Kramer, Tutorials und der Zugang zu Inspiration machen es relativ leicht ein Medienprodukt zu schaffen. Das war früher anders. Damals hat auch ein Schnittplatz noch locker eine fünfstellige Summe gekostet. Heute? Nur das Abo der Schnittsoftware – läuft ja eh auf dem Heim-PC – und was ist das im Ernstfall? 19,99 €?

Künstler und Medienschaffende gibt es an jeder Ecke. „Ich mache was mit Medien“ ist zum Motto unserer Generation geworden. Nach zwei Jahren Reis+ und der Inspiration ist mir vor allem eines klargeworden:
Um nicht nur Einer von Vielen zu sein, muss man sich abgrenzen von all dem „Abkupfern“ und Tutorials nachbauen, was draußen in der Medienlandschaft an der Tagesordnung ist. Einzigartigkeit und Innovation sind die Stichwörter.

Der Weg, den ich für mich gefunden habe, ist ein zwiegespaltener:
Ein Pfad ist die oben schon angekündigte Technik. Ich sehe mich nur zu einem sehr kleinen Teil als „Künstler“, oder „Kreativer“. Ich bin Techniker. Besonders aufgefallen ist mir dies, im direkten Vergleich mit den vielen Mediengestaltern und Film- und Video-Editoren, die mir auf meinem bisherigen Weg begegnet sind. Im Vergleich zu denen sind also die Absolventen des Medientechnikstudiums, zu denen auch ich mich zählen darf, deutlich fitter, was Formate, Signale, Workflows und lösungsorientiertes Denken betrifft. Darum halte ich es für mich am sinnvollsten, das zu machen, was mir liegt und was der Großteil meiner Konkurrenten in der Branche „schlechter“ beherrscht als ich.

Neben der Technik im Sinne von Planung, Support, Installation, und IT-Tätigkeiten habe ich mein zweites Standbein in einem weiteren technischen Bereich gefunden: Dem Colorgrading. Der Weg dahin war ein kurioser. After Effects habe ich schon immer geliebt. Ich habe früher sogar Bilder in After Effects bearbeitet, weil ich Photoshop für so wahnsinnig ineffizient und unintuitiv gehalten habe. Für den 3D-Bereich war ich vermutlich zu wenig kreativ. Das hätte meine frühere Kunstlehrerin sicher auch bestätigt. Die glückliche Fügung war meine Begegnung mit dem Bereich der Farbkorrektur. Man hat eine Vorlage, muss also nicht von Null auf kreativ sein und etwas erschaffen, sondern man kann ganz im Sinne des Ingenieurs auf einer Grundlage aufbauen und diese optimieren. Des Weiteren muss man konzentriert und mit gutem Auge dabei bleiben. Für Leute mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne, oder „das passt schon“ Einstellung, ist dieser Bereich sicher nichts. Und der Kreis schließt sich: Es ist mit Sicherheit einer der technischsten und mathematisch anspruchsvollsten Bereiche der Medienproduktion. Wer schonmal zwischen Farbräumen jongliert und gewandelt hat, der weiß, dass die Matrizenrechnung dein Freund ist. Allein schon das Umstellen von Operationen beeinflusst Pegel und Codewerte enorm und besonders das Einhalten von technischen Normen ist ein großer Bestandteil des Jobs – da hilft es einen technischen Background zu haben.

Und so stehe ich nun da. Wie ich finde gut aufgestellt und interessiert, was die Zukunft so bringen wird. Ich hoffe auf zahlreiche interessante technische Neuerungen in den nächsten Jahren, freue mich auf neue Kameras und Spielereien und hoffe auch in den nächsten Jahren Teil von Film- und Kinoproduktionen sein zu können – sei es auf Seite der Technik, oder der Farben. Denn eines ist klar: Der Anspruch etwas zu kreieren, das nicht jeder schaffen kann, bleibt.

 

 

von Martin

DSCF3961Warum ich eigentlich ‘irgendwas mit Medien’ mache weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich weiß aber, dass ich mich 2010 an der HTWK Leipzig für den Studiengang Medientechnik beworben habe und angenommen wurde. Falls das nicht klappen sollte waren meine Alternativen Medizin, Biophysik und Lehrer für irgendwas. Ich habe zwar irgendwann mal unsere Schulband bei einigen ihrer in Wismar und Umgebung legendären Auftritten gefilmt, aber die Resultate waren mehr laienhaft als gekonnt zusammengezimmerte Videos mit damals noch Magix Video Deluxe. In meiner Erinnerung war ich jedoch nie so fasziniert von Videoschnitt und solchem Kram wie man es vielleicht sein sollte wenn man sich für ein derartiges Studium entscheidet, aber vielleicht hat auch der ein oder andere studentische Abend meine Gedächtnisleistung zu stark beeinträchtig. Falls Mama oder Papa das hier lesen, können sie ja mal einen Kommentar dazu abgeben. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2016 und ich kann auf eine Reihe sehr interessanter Erfahrungen zurückblicken, deren Erklärung im Detail den Rahmen weiterer 100 Inspirationen sprengen würde. Hier ein Auszug:

– vor laufender Kamera ohne Hose in eine mündliche Prüfung platzen
– mit verwirrten Arabern bei Al Jazeera telefonieren
– mit Batman zusammenarbeiten
– einen Plüschaffen auf Leben und Tod bekämpfen und gewinnen
– einen Energy-Drink erfinden und über eine fiktive Firma vermarkten
– im Sonntagsanzug mit der halbnackten Ex-Freundin meines Ex-Mitbewohners in Dominics Bett eine Erotikszene drehen
– von einem Pappaufsteller am Altar verlassen werden (super traurig)
– einen Schülerpraktikanten haben
– betrunken eine Volleyballmannschaft trainieren und gleichzeitig deren Maskottchen sein
– der Hochschule Mittweida Brötchen klauen und vom Gelände verwiesen werden
– den Leipziger Oberbürgermeister aus dem Fernsehstudio beamen
– mit dem Kalendermann auf einem Fahrradanhänger ‘Oh Tannenbaum’ singen und der Innenstadt verwiesen werden
– im Bademantel ein Interview geben
– bei einer Fernsehpreisverleihung unter die Gewinner schummeln

Was bewiesenermaßen für 2012_grenzganger_preistrager_bearbeitetmindestens eine halbe Stunde Stoff für Smalltalk auf WG-Parties liefert sind für mich wertvolle Erinnerungen und Erlebnisse, die mich und mein Verständnis meiner Selbst in der Welt der Medien stark geprägt haben. Vor allem die Hochzeitsgeschichte kommt immer sehr gut an – fragt meinen Friseur oder meine Oma. (Bei genug Likes veröffentlichen wir das Video von der Trauung mit Pastor Ben)

Und auch wenn ich in den ersten Semestern schnell erkannt habe, dass dieses Medienzeug irgendwie das richtige für mich ist, habe ich es – auch wenn ich es wirklich versucht habe – nie geschafft der typische Medien-Ingenieur zu werden. Andere waren besser in Kameraführung und Videoschnitt, wieder Andere in der Audioproduktion und noch andere haben das Prinzip hinter der AV-Technik wirklich verstanden – von Webdesign und Programmierung fange ich gar nicht erst an. Was ich jedoch verstand, waren die Anderen. Es hat einige emotionale Tiefs gebraucht, bis ich wirklich akzeptieren konnte, das ich meine technische Mittelmäßigkeit durch das ausgleichen kann, was mir wirklich liegt: Andere verstehen, reden und Charisma. (Danke Lennard) Und so bekam für mich der in unserem Studium inflationär benutzte Begriff der ‘generalistischen Ausbildung’ eine vollkommen neue Bedeutung. Mit anderen Worten: ich kann technisch nichts unglaublich gut, aber ich kann alle Gewerke verstehen und zwischen ihnen kommunizieren. Das klingt für Euch jetzt vielleicht genauso so schwach wie einst für mich, aber lasst Euch sagen, wenn Ihr einige Produktionen habt untergehen sehen weil man sich nicht versteht oder mitdenkt, dann lernt Ihr irgendwann denjenigen zu schätzen, der vermittelt. Selbst nachdem einige Dozenten nach fast abgeschlossenem Masterstudium meine Fähigkeiten immer noch belächeln, so weiß ich für mich, dass ich – um es möglichst abstrakt auszudrücken – Mehrwert generiere. Und auch wenn ich mich mittlerweile zu einem recht guten Kameramann gemausert habe, ist es für mich immer wieder ein großer Reiz Enthusiasmus zu bremsen bevor er entsteht – wenn von überall die besten Ideen für die beste Produktion der Welt auf mich hereinprasseln und mich meine antrainierte Skepsis erst einmal alles aufzählen lässt was schiefgehen kann. Dass ich mir damit im ersten Moment nichtIMG_20151220_103906584_HDR unbedingt Freunde mache ist mir durchaus bewusst, doch geben mir die Resultate der überdachten Ideen recht. Und um die Ernsthaftigkeit hier mal ein bisschen aufzulockern möchte ich unbedingt sagen, dass ich natürlich für jeden Schwachsinn zu haben bin, den wir Dullis uns bei Reis+ ausdenken! Doch irgendwomit muss man ja irgendwann sein Geld verdienen. Und um danach wiederum den Kreis zu schließen ist für mich jede unserer Aktionen eine neue Inspiration für die nächste. Weil ich weiß, dass wir uns unterwegs geil finden, hassen werden, wieder geil finden – eventuell verklagt werden – keiner was macht, versprechen uns zu bessern, alle etwas machen wollen, einer alles macht, einer beleidigt ist, ein anderer was macht, der eine sich beruhigt, wir den Kram veröffentlichen, uns freuen und wieder von vorne beginnen. Ich liebe es.

 

von Ben

In meinen Zeilen werdet Ihr an dieser Stelle keine ausführliche Beschreibung meiner Erfahrungen mit dem Studium der Medientechnik finden. Die wichtigste Geschichte meines Alltags mit Medien fand zu der Zeit statt, bevor ich überhaupt an der HTWK Leipzig eingeschrieben war.

Oft im Leben steht man mit wirrer Frisur und fauligem Atem vor dem Spiegel und haucht seinem müden Antliz fast schon flüsternd die tiefgründige Frage “Solls das jetzt etwa gewesen sein?” entgegen. Natürlich kommt es auf die eigene psychische Verfassung an, ob der dahingehauchten Hinterfragung all dessen, wofür man steht, ein selbstironisches Lächeln folgt oder ob man tief Luft holt, weil man keine so richtige Antwort hat und ein Seufzer das Beste ist, was einem in diesem Moment einfällt. Unabhängig davon dienen beide Reaktionen dazu, aus der traurigen Selbstreflexion auszubrechen und den Stier bei den Hörnern zu packen. Oder sich von ihm durch die wirren Gassen des eigenen Seins jagen zu lassen. Nicht der Moment, indem man sich selbst hinterfragt ist jedoch entscheidend. So oft ist die Wahrnehmung seines Ichs nur der erste Tritt in Richtung des zu rollenden Steines. Wichtig ist sie zu verwerten und in Aktion zu wandeln.

Irgendwas mit Medien war nicht das erste, das mir im zarten Alter von 18 durch den Kopf schoss, als ich zwischen Schulbrot und bevorstehender Abiturprüfung einen geistigen Ausflug in die ungreifbare Zukunft des Benjamin Schmidts wagte. Das ist mit ausreichend Distanz betrachtet schon recht kurios, wenn man bedenkt, dass mich Medien immer umgaben und ich mich in den bunten Sumpf dieser Welt tagtäglich stürzte. Fairerweise muss man zugeben, dass dies sicher kein hochklassiges Herausstellungsmerkmal darstellt. Gerade in unserer heutigen Zeit mutiert jeder 12 Jährige zu einem medialen Kraken, wenn er an der Bushaltestelle über das W100_3better twittert und  anschließend ein slimansches Tutorial übers Glücklichsein verfolgt, noch bevor der grimmige Bushfahrer seine Schüssel am Bordstein zwischenparkt. Jedoch habe ich mich immer sehr reflektierend mit Themen wie Videospiele, Filme, Musik und Fernsehen beschäftigt. Ich kann mich glücklich schätzen, zu der Generation zu gehören, die noch weiß, wie die Welt vor 2.0 funktionierte. Wie es ist, auf eine Internetverbindung zu warten oder im Laden Platten zu kaufen. Wir haben den Wandel als mediale Wesen aktiv mitgemacht und das Ergebnis nicht pfannenfertig mit der Muttermilch downgeloadet. Dadurch waren die genannten Themen mehr als nur eine Randnotiz, ich wuchs tatsächlich damit auf und nahm mich ihnen an. Ob nun über den Weg des Schallplattenkratzens, Beats im Fruity Loops bauen und selbstbeweihräuchernd auf Dauerschleife durch die elterliche Wohnung hallen lassen oder jedes Fitzelchen an Videospielgeschichte von Alex Kidd bis hin zu Solid Snake aufzusaugen – ich sprang kopfüber in diese wunderbare Welt. Doch vor Kurvendiskussionen und Griffen in einen Sack bunter Kugeln (mit Zurücklegen), kam es mir beim Biss ins Butterbrot nicht in den Sinn, diese Themen meines Lebens auch tatsächlich in beruflicher Sicht anzugehen. Es war vielleicht der Respekt vor der Perfektion oder die unbekannte Angst vor dem Bekannten. Vielleicht war es auch einfach die Tatsache, zu gut in der Schule gewesen zu sein und daher auf Studiengänge mit nahezu unknackbaren NC zuzuschreiten. Am Ende klang die Psychologie für mich doch als Berufsbild seriöser und vielversprechender. Und noch bis zum heutigen Tag erheben sich die Augenbrauen, gefolgt von einem fast schon demütigen “Oha!”, wenn man Unbekannten auf Parties nach dem vierten Bier erzählt, man habe sich acht Semester der Studie des menschlichen Geistes hingegeben. Doch bereits nach drei Semestern wußte ich damals, dass ich dieses Leben nicht bis zu meinem letzten Atemzug durchziehen will.

Also stand ich nun vor besagtem Spiegel und fragte mich “Solls das jetzt etwa gewesen sein?”. Und während sich mein studentisches Universitätspostfach mit unbeantworteten Emails über Psychologenparties, extrakurrikulären Veranstaltungseinladungen und Remindern hinsichtlich der Einschreibungen für Pflichtseminare füllte, offenbarte sich im Dunkel der eigenen Sinnfin100_5dung eine einzig zulässige Antwort: “Nein, soll es nicht!”. Die nachfolgende Erkenntnis ist retospektivisch zu trivial, war damals jedoch erst nach langer Überlegung zugänglich: Warum sollte das Aber so mächtig sein? Warum berichtet man anderen mit einem Glänzen in den Augen, welchem Hobby man nachgeht, um dann in die trockene Realität zurückkehren, in dem man ein Aber hinzufügt. “Aber ich studiere … Aber ich arbeite als…”. Es mag abgedroschen klingen, jedoch haben wir diesen Tanz nur eine gewisse Zeit reserviert. Warum sollte man also nicht dem nachgehen, was man liebt, statt das zu machen, was man für eine allgemeingültig richtige Berufswahl erachtet. Der Blick auf sein Selbst sollte daher niemals von Außen geschehen. Und so kam es, dass ich mit fauligem Atem diese Antwort meinem Spiegelbild entgegenmurmelte und mich dazu entschloss, auch nach vier Jahren des Psychologiestudiums den Resetknopf zu drücken und Medientechnik an der HTWK Leipzig zu studieren. Um mir das zurückzuholen, was mein Leben bereits von Kindesbeinen an begleitete – die Freude an Bildern, Tönen und Geschichten.

Vieles, was mich danach erwartete, hat vor allem Martin bereits beschrieben und das will ich an dieser Stelle nicht wiederholen. Dadurch dass wir nicht nur bei Reis+, sondern auch im Studium eine dufte Clique waren, haben wir viele Erfahrungen und tolle Erinnerungen im Kollektiv gesammelt. Ich werde oft gefragt (meistens von der eigenen Stimme der Vernunft), ob ich es bereue, so lange Psychologie studiert zu haben und erst dann zu wechseln. Objektiv gesehen hätte es besser laufen können. Subjektiv war es genau richtig. So habe ich diese speziellen Menschen kennengelernt und so haben sich unsere Wege gekreuzt, die sonst vielleicht unbeachtet parallel verlaufen wären. Es war eine wundervolle Zeit mit Erinnerungen, die für ein halbes Leben reichen.

Deshalb bin ich froh, dass ich für das trübe Männlein im Spiegel die richtige Antwort parat und den Stier bei den Hörnern gepackt habe. Um einen Neustart zu wagen, der mir die besten Momente beschert hat, die ich mir vorstellen kann.

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The Rise of Carol Schimacki

Throwback Friday! In Breaking News hatte er bereits einen kleinen auditiven Cameo-Auftritt und wer uns schon einige Jahre kennt, auch denen ist er kein Unbekannter mehr. Die Rede ist von Carol Schimacki! Neben Nick Rumble ist er eine weitere Figur die bereits während unseres Studiums das Licht der Welt erblickte. Im Kulturradio 107,6 Periode 6 haben sich Dominic und Ben bereits 2013 im Modul Audioproduktion an der HTWK Leipzig ordentlich austoben können. Die drei Folgen die in jenem verhängnisvollen Sommer produziert wurden, haben wir nun ausgegraben und und laden sie nach und nach bei YouTube hoch.

Wir wünschen Euch gute Unterhaltung mit unserer eloquenten Charmbombe – the one and only – Carol Schimacki!

 

Faszination Room Escape

Gastbeitrag von Robert

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„Wir haben nicht mehr viel Zeit, Leute!“ „Versuch’s mal mit 4962!“ Die Kombination passt, der Safe öffnet sich. In ihm finde ich einen Schlüssel, mit dem ich endlich die Tür aufbekomme. Geschafft! Und sogar noch ein paar Minuten auf der Uhr…

Drehen wir die Zeit etwa eine Stunde zurück. Ich habe mich mit ein paar Freunden zu einer Room Escape Challenge verabredet. Dort werden wir vom Spielleiter freundlich empfangen, in das Spiel eingewiesen und in einen Raum geführt. Hinter uns schnappt die Tür ins Schloss – und ab jetzt läuft die Zeit.

 Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein ganz normales Wohnzimmer. Nur wer wirklich gründlich sucht, kann alle Hinweise finden, die sich im Raum verstecken.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein ganz normales Wohnzimmer. Nur wer wirklich gründlich sucht, kann alle Hinweise finden, die sich im Raum verstecken.

Room Escape Challenges gibt es inzwischen in fast jeder größeren Stadt Deutschlands. Sie bieten unterschiedliche Settings und Szenarien und haben auch ihre eigenen kleinen Geschichten. Das Ziel des Spiels ist aber immer das Gleiche: Versuch einen Weg aus dem Raum zu finden. Um das zu schaffen, muss man nach Hinweisen suchen, die im Raum versteckt sind. Mit diesen kann man dann Rätsel lösen, die einen daraufhin mit weiteren Hinweisen belohnen. Und so hangelt man sich von Rätsel zu Rätsel und findet hoffentlich am Ende den passenden Schlüssel zur Freiheit. Damit man sich dabei nicht zu viel Zeit lässt, gibt es einen Timer, der pausenlos herunterzählt und tickt. Läuft er ab, bevor man den Raum verlassen kann, hat man verloren.

Doch was genau macht den Reiz daran aus, sich in einen Raum einsperren zu lassen, nur um wieder einen Weg nach draußen zu finden? Eine Room Escape Challenge fühlt sich irgendwie wie ein gutes altes Adventure à la Monkey Island an. Es ist vor allem dieses Erfolgsgefühl, was man bekommt, wenn man einen Hinweis richtig zuordnen kann. Am Anfang läuft man meist recht planlos durch die Gegend und sucht einfach jeden Winkel im Raum nach etwas Verdächtigem ab: Hat die Vase auf dem Tisch etwas zu bedeuten? Sind die Zahlen, die auf der Quittung stehen, vielleicht doch wichtiger als ich denke? Je länger das Spiel jedoch dauert, desto mehr fügen sich die einzelnen Teile zu einem großen Ganzen zusammen. Man lernt, die wichtigen von den unwichtigen Dingen zu unterscheiden und erkennt immer schneller, welcher Hinweis zu welchem Rätsel gehört. Hat man das erst mal geschafft, ist das eigentliche Lösen der Rätsel meist nur noch eine Frage der Zeit und der eigenen Kombinationsgabe.

Zurück zu meiner Gruppe: Wir haben den Raum gerade noch rechtzeitig erfolgreich verlassen und dafür sogar eine Auszeichnung erhalten. Zum Glück gibt es hier noch einen zweiten Raum, der noch eine Ecke knackiger als der erste sein soll. Den müssen wir unbedingt auch noch angehen – denn Spaß hatten wir allemal!

Wer jetzt Lust auf eine Room Escape Challenge bekommen hat, kann das demnächst ganz bequem vom Sofa aus machen: Unser Studentenprojekt „Subjekt 12“ an der HTWK Leipzig wird live übertragen, und man kann online mitspielen. Die interaktive Room Escape Challenge beginnt am 8. Februar 2016 um 18 Uhr. Wenn Ihr auf dem Laufenden bleiben wollt, werft einen Blick auf die gleichnamige Facebookseite. Dort findet Ihr zahlreiche Links und Informationen, die Euch den Charakteren und der eigentlichen Story näher bringen:
Auf www.van-houten.de findet Ihr Blogeinträge eines Professors, der versucht seine ominöse Forschungsarbeit um jeden Preis zum Abschluss zu bringen. Ein letztes Experiment soll die erhofften Ergebnisse bringen, doch aufgrund potenzieller Risiken, die das Experiment mit sich bringt, gestaltet sich die Suche nach einem Probanden schwierig. Das Hackerkollektiv „Hacktivisten“ versucht derweil den Professor von seinem Vorhaben abzuhalten. Gemeinsam hacken sie sich in die Daten des Professors und legen seine geplanten Experimente offen. So wollen sie erreichen, dass der Professor seine Reputation verliert und seine Forschungsarbeiten abbricht. Mehr Infos über die Hacktivisten findet Ihr auf ihrer Seite www.hacktivisten.org.

Realisiert wird das Vorhaben von zehn Studierenden der HTWK Leipzig, die gemeinsam mit ihren Dozenten und vielen weiteren Helfern seit einigen Wochen eifrig an dem Projekt arbeiten. Drei GoPros, sowie eine Dome-Kamera sind im Einsatz und sorgen dafür, dass Euch auch ja nichts entgeht, was gerade im Raum passiert. Wie die Sendung verläuft und welches Ende das Experiment des Wissenschaftlers findet, liegt auch an Euch – Genaueres wird jedoch noch nicht verraten! Mehr erfahrt Ihr am 8. Februar 2016 ab 18 Uhr und vorher bei Facebook. Habt also immer ein wachsames Auge auf den Livestream!

Zum Schluss noch einmal eine kleine Animation, die unser Projekt „Subjekt 12“ kurz und bündig zusammenfasst. Wenn’s gefällt, drückt auf Like und teilt es gerne mit Euren Freunden!
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