Kritik für alle – Inspiration mal umgekehrt

von Ben

Filmkonsum  ist ein Ärgernis – zumindest öfter als wir es uns manchmal wünschten. Erwartungen, Erfahrungen, Überheblichkeit oder einfach nur der persönliche Geschmack. Vieles führt dazu, dass wir trotz der Liebe zu Bewegtbildern  nur mit der Nase rümpfen können und unbefriedigt aus einem aufwändigen Prozess der Medienrezeption gehen müssen.

Dabei ist die Kritik am Produkt doch manchmal selbst ein Dorn im Auge. Welchem Filmkritiker ist zu trauen? Welche Community bewertet im Schnitt den kreativen Output des Regisseurs am passendsten? Jeder kennt das Wagnis, sich auf Lippenbekenntnisse von Cineasten zu verlassen und am Ende doch enttäuscht vor der Flimmerkiste oder Leinwand zu sitzen. Doch um dieses Ärgernis kommen die wenigsten, wenn gar kein einziger Filmfan.

Was am Ende hilft, ist der in Wut gemantelte Humor. Witzig ist, wenn man trotz aller Frustmomente lachen kann – und dabei nicht allein ist.

airbender honest trailer_featDieses Gefühl von gemeinsamem Verlachen von Filmen geben Portale, wie die Screen Junkies mit ihren Honest Trailers. Die ehrlichen Filmtrailer stützen sich dabei auf herausstechende Ärgernisse und verpacken diese in eine herrlich ironisch-sarkastische Dramaturgie, deren schonungslose Aufrichtigkeit so manchem Promoter eines einfach nur schlechten Films gut getan hätte. Da wird z.B. im grausamen vierten Teil der Indiana Jones Serie die fast schon obsessive Darstellung von CGI-Nagern zum essentiellen Bestandteil des Films. Als empathiedurstiger Bruder im Geiste freut man sich nach jedem Honest-Trailer, mit seinem Ärger nicht allein auf der Welt zu existieren und kann damit den Schmerz und die Enttäuschung über Humor zumindest dämpfen.

 

Einen anderen Weg gehen die Verantwortlichen von CinemaSins in ihrer Serie Everything wrong with…

In umfangreichen Clips weeverything wrongrden vor allem Logikfehler von prominenten Vertretern schonungslos aufgezeigt. Als Zuschauer wundert man sich dabei enorm, wie viele dabei auch in großen Produktionen zustande kommen. Nicht immer müssen die – teilweise mit der Lupe gefundenen – Sünden auch als solche verstanden werden. Vielmehr helfen diese Clips jedoch dabei herauszufinden, warum man eigentlich einen Film schlecht fand. Innere Unstimmigkeiten fallen nicht immer sofort ins Auge, sondern breiten sich eher als schlechtes Gefühl auf der Zunge aus. Vor allem wird gezeigt, dass auch große Namen der Filmkunst ein Produkt erschaffen, das von Krankheiten nicht verschont geblieben ist. Immer mit der Freiheit des Augenzwinkerns, denn nicht immer kann die Kritik unbedenklich geteilt werden. Macht Euch also darauf gefasst, dass auch Eure Lieblinge verrissen werden.

Was am Ende jedoch bleibt ist das Gefühl, dass niemand (egal wie etabliert) von Fehlern oder Kritik verschont werden kann. Und das gibt gerade unerfahrenen Filmemachern ein gutes Gefühl.

Psychopathen im Kinderzimmer: Die Ren & Stimpy-Show

von Ben

In meiner Kindheit hatte das lineare Fernsehen noch eine größere Bedeutung, als in der aktuellen Zeit der Video-on-Demand- und Streamingangebote. Auf die Couch pflanzen und Youtube nach den Inhalten durchsuchen,  die interessant sind? Computer sagt nein. Dementsprechend wichtig war die qualitative Reibungslosigkeit der Programme, die man in der alten Flimmerkiste reinbekommen hat. Da fallen natürlich die Schlachtschiffe des deutschen Fernsehens, ARD und ZDF, raus. Und auch die privaten enfants terribles konnten nicht immer herhalten – schon gar nicht wenn man Kind ist. Mir war schon als 10-Jähriger egal, ob Andreas Türk investigativ ermitteln kann, wer denn nun der leibliche Vater von Justin-Leroy ist.

Eine Abhilfe bot da die deutsche Version von Nickelodeon (gemeint ist hier die Epoche 1995 – 1998, nicht das uninspirierte aktuelle Angebot.) Ein Sender für Kinder, Jugendliche und Junggebliebene. Am laufenden Band Zeichentrickfilme und Serien, die meine Sprache gesprochen haben. Die Liste des herausragenden Programmes ist lang und nahezu jeder Punkt dessen wäre es wert, speziell beleuchtet zu werden – Rockos modernes Leben, Pete & Pete, Aaahhh! Monster, Clarissa und und und Goldstücke der Fernsehunterhaltung.

Doch eine Sendung blieb bei mir speziell sowohl im Gedächtnis als auch im Herzen hängen: Die Ren & Stimpy-Show. Eine Wohngemeinschaft aus cholerischem Chihuahua (Ren Hoëk) und infantilem Kater (Stimpson J. Katzwinkel), deren Wohnort immer wechselte. Dieser Cartoon sprühte vor Irrsinn und Kreativität. Ich lachte Tränen und auch heute noch bekomm ich feuchte Augen, wenn ich in den Kosmos des Wahnsinns eintauche, den Michael Kricfalusi geschaffen hat. In kleineren Episoden erlebt der Zuschauer den alltäglichen Müßiggang eines geschundenen Hundes aus der arbeitenden Mittelschicht. Sein einfach gestrickter Kumpel Stimpy bietet dazu den albernen Kontrapunkt, was bei Ren nicht immer gut ankommt. Daneben zieren die Auswüchse der Phantasie die Heldengeschichten der beiden. Wenn der Pulvertoastmann rückwärts zum nächsten Einsatzort fliegt, Anthonys Dad am Wohnzimmerkamin Funny Games-eske Bedrohung entwickelt, Stimpy in den eigenen Bauchnabel fällt, wenn gedämpfte Schweinebäckchen von patroulierenden Pavianen bewacht werden, Ren im Weltraum Kernseife mit Genuss verzehrt oder Gold im Kopf von Lincolns Statue versteckt ist, dann weiß man, das mit dieser Serie eine Fundgrube des besonderen Humors wartet.

Die Ren & Stimpy Show ist eigentlich nichts für Kinder und hat meine Kindheit dennoch bereichert. Jeder hat früher oder später eine solche Inspiration für den eigenen Wahnsinn gefunden. Meine war die Wohngemeinschaft „Hoëk und Katzwinkel“ und lehrte mich einen sehr speziellen Humor.

Und natürlich, dass man Zirkusliliputaner immer meiden sollte.

 

Hinweis: Aus urheberrechtlichen Gründen können wir keine Ausschnitte der Serie hier anhängen, aber findige Internetnutzer wissen sich bestimmt selber zu helfen ;)

Über Konstanten, GIGAnten und Bohnen

von Ben

Egal in welchem Jahr oder Jahrzehnt man geboren wurde, es existieren für viele Menschen gewisse Konstanten im Leben, die den Alltag lange Zeit begleiten. Der Unterschied zu nostalgiegeschwängerten Erinnerungen an Dinge unserer Jugend, wie in meinem Fall die Ninja Hero Turtles oder Marty McFly, spielen diese Wegbegleiter auch in der Gegenwart immer eine parallele Rolle. Oft ist man sich dessen nicht bewusst und realisiert vor allem deren emotionale Bedeutung erst dann, wenn sie wegfallen oder sich verändern.

In meinem Fall waren das die Jungs der Show GIGA, die ich im zarten Alter von 13 Jahren entdeckte. Ein Format, das 1998 im Kabel auf NBC Europe an den Start ging und seiner Zeit sichtlich voraus war. Als Web2.0 nur ein Gedanke auf den Wunschzetteln eingefleischter Internetnutzer war und Mark Zuckerberg vorrangig Weiberrating im Kopf hatte, präsentierte eine Gruppe von Netzreportern jeden Tag von 15 – 20 Uhr (später mit dem zusätzlichen Format GIGA Games von 22 – 0 Uhr) das, was für die meisten heutzutage zum Alltag gehört. Neues aus den ominösen Wirrungen des Internets – zusammen mit der digitalen Zuschauerbeteiligung galten die Experten dieser Sendung als Pioniere der öffentlich zugänglichen Internetbewegung. Man hatte seine neue Nische und zelebrierte diese. Diesem, ins Rollen gebrachten, Stein wollte ich natürlich hinterher sprinten und so kam es, dass mich meine erste Verbindung zum Internet auf die Landingpage von GIGA schwemmte.

Im Laufe der Zeit wurde am Konzept dieser Livesendung immer wieder gedoktert, was sowohl zu empfangs-, sowie programmtechnischen Änderungen führte, letzten Endes aber Schritt für Schritt den scheinbaren Tod meines täglichen Wegbegleiters einleitete. Die Aufbruchsstimmung in den Köpfen der Beteiligten setzte der Wegfall ihrer Sendeplattform jedoch keinen Riegel vor und so trieben Netzreporter, wie Simon Krätschmer und später auch Etienne Gardé an neue Ufer des Fernsehens. Sie repräsentierten meine Lieblingssparte von GIGA, die Videospiele, mit neuen gestalterischen Freiheiten wöchentlich auf MTV – Game One war geboren. Heimlich und leise entwickelte sich die halbstündige Videogameshow parallel zu meinen ersten Jahren als Student zu einem Sicherheitsnetz derer, die mich Jahre zuvor fast täglich in der Phase meiner Pubertät mit Wissen über moderne Medien versorgten. Man freute sich einfach, immer wieder Lebenszeichen dieser Menschen beobachten zu können. Acht Jahre sendeten sie die Rauchzeichen dieser merkwürdigen Verbundenheit, doch auch diese Phase fand mit dem Abschluss des Jahres 2014 ihr Ende.

Mittlerweile befinde ich mich selbst auf der Zielgeraden meiner studentischen Karriere. Die Homepage von Game One glotzt einen wie das trübe Auge eines vergessenen Riesen aus vergangenen Tagen an. Die Welt hat sich weitergedreht. Doch mit ihr auch die verschworene Fernsehgemeinschaft meiner Jugendtage.
Mit Rocket Beans, der Produktionsfirma all derer, die zum großen Teil für Game One verantwortlich waren, wird der nächste Schritt dieser Entwicklung eingeleitet. Sie streamen nun mit Rocket Beans TV 24/7 die Auswüchse ihrer Kreativität auf die Bildschirme unserer Rechner. Sowohl vorproduzierte Shows, als auch Live-Slots, präsentieren der Community die Inhalte, die sie in dieser aufbereiteten Form vergeblich suchen. Let’s plays, Diskussionsrunden, Livetalk, Filmreviews, Fernsehempfehlungen, Live-Battles mit der Community und mehr bieten die Bohnen rund um die Uhr online an. Das Ganze in kompletter Eigenregie und am Rande der Finanzierbarkeit. Die Presse drückt dem Format die Fahne der Innovation in die Hand, jedoch komm ich nicht drum herum, einen Hauch GIGA über meinen Monitor wehen zu sehen, wenn ich mich live einklinke.

Der Grund, weshalb dieser wortreiche Ausflug in die Entwicklung meiner Wegbegleiter in unserer Reis+ Kategorie Was uns inspiriert auftaucht, trieb vielleicht beim Lesen langsam an die Oberfläche der Erkenntnis. Nicht nur der emotionale Wert dieser Konstante meines Lebens ist dabei von Bedeutung. Schon als 13-Jähriger habe ich die Netzreporter von GIGA um ihren Job beneidet. Sie gingen einer besonderen und – zu diesem Zeitpunkt für viele noch nicht zugänglichen – Leidenschaft nach, verdienten sich dabei keine goldene Nase, aber das war auch zweitrangig. Aufgewachsen mit der naiven Vorstellung, nur im Leben etwas zu erreichen, wenn sich das Bankkonto kumulativ füllt, hat einen Jahre später die Einsicht eingeholt, dass es doch vielmehr darum geht, seine Interessen ins Berufsleben einfließen zu lassen. Auch wenn das bedeutet, finanzielle Abstriche machen zu müssen. Seit 15 Jahren leben mir das die Jungs von Rocket Beans vor, doch erst seit kurzem kann ich es einordnen und stelle fest, das diese Philosophie auch für mich Sinn macht.

Und das ist Inspiration in Reinform.

Spoti-frei von Hingabe. Wie einfach doch manchmal scheiße sein kann

von Ben

Das Leben ist easy – right? Medienkonsum ist mittlerweile piece of cake, manche würden gar child’s play sagen. Pick your poison im Handumdrehen, wenn man bedenkt, wie umfangreich das Angebot an Ablenkung ist. Komplett fern von jeglicher Linie kehren wir dem Analogen den Rücken zu and give a crap. Egal was zum Konsumieren angeboten wird – läuft bei uns. Doch jetzt mal die Implantate auf den Tisch: ist das wirklich so großartig?

Konsum heißt Reflektion und der Spiegel der inneren Einsicht blendet immer dann, wenn wir mal genauer hinschauen. Doch Hinschauen weicht dem lateralen Augenaufschlag. Zu viele Augenblicke, zu wenig Gedanken – Adam und Eva haben sich nach dem ersten Dislike der Menschheitsgeschichte genug Ignoranz antrainiert, um die Lichter und Pornoheftchen auf dem Boulevard unserer Aufmerksamkeit auszublenden. Nicht Tinder, nein Filter ist die neue Zuwendung unserer Generation(EN).
So kommt es nicht von ungefähr, dass wir den Müßiggang der ‚Leidenschaft‘ ausblenden, um uns an der Erektion der ‚Schaft‘ zu erfreuen. Das Internet hat lang genug zugeschaut, wie wir uns anstellen, um am Ende den Brokkoliflieger gekapert und punktgenau im Schlund unserer medialen Gier zu landen. Ein Räuspern später und Husten – wir sind bequem! Es fehlt der Wilson, um uns zu retten. Broadcast away halt.

Als Napster noch cool war, weil man mit Skimaske und Kapuze G-to-G geshared hat, lud ich meinen ersten Song im Netz herunter: M.O.P. mit Cold as Ice. Über zwei Lautsprecher ohne den unteren Frequenzbereich der menschlichen Hörkurve schrien mich zwei Herren mit szenetypischen Kraftausdrücken an und ich fühlte mich wie der König des Internets. Mit genug Bandbreite ausgestattet, um nach einer Stunde und einem singenden 56k-Modem das akustische Brot vom Tisch derer zu downloaden, die selbst nix (zu tun) hatten. I robbed them Hood pretty good. Doch im Rausch dieser digitalen Taschengreiferei wurde man gierig und bis heute lagern noch viele Alben auf einer ebenso musikalisch ratternden Festplatte als Relikt meiner Sammelsucht. Ich war der Indoor Jones.

Verloren ging auf diesem Streifzug die eigentliche Liebe zum Produkt. Stand man noch stundenlang im Plattenladen und griff alles, was ein interessantes Cover oder einen vielversprechendes Feature hatte, um am Ende und zehn Euro leichter mit einer Neuentdeckung auf knisterndem Vinyl stolz wie Bolle nach Hause zu hüpfen, guckte man nicht mal ein Jahr später in den Ordner von Vinylking12_ftw und klickte gähnend auf alles, was einem Unterstrich mit rare folgte. Undergelaunt.

Heutzutage juckt illegal nicht mehr im Hoden. Wenn jemand eine Staffelbox bestellt, wird er gar verlacht, da die Kumpels bereits die nächste im Netz verfolgt und getrollt haben. Und so hört man Musik auch nur noch legal kostenfrei. Der Vinylking hat mittlerweile einen Führerschein und eine Spotify-Playlist, postet über Instagram Selfis von sich mit überproportionalem Cap, weil man das trägt, wenn man via Rechtsklick Mixtapes zusammenstellt. Und genau on the Spot stellen sich Inspirationen zusammen. Du kennst nur diesen Künstler? Hier, das könnte dir gefallen! Und leider funktioniert das auch sehr gut. Keine Plastiktüten und Hüpfen mehr auf dem Heimweg. Während man sich über die Scheibe wundert, die der Plattenladenbesitzer auflegt, haben die Könige des Vinyls unserer Zeit bereits online ausreichend viel neuen Sound gefunden, um Gesprächsstoff auf Tinder zu liefern. Was am Ende auf der Strecke bleibt, ist die Zuneigung zur Auseinandersetzung mit dem Produkt. Ein Klick ist manchmal weiter entfernt, als ein Nachmittag voller Musik. Kritiker mögen zwar meinen, dass solche Aussagen nicht befriedigen – halt hängengeblieben. Dennoch sollten wir uns nicht immer alles erleichtern lassen, da Steine im Schuh uns eventuell mehr über den Weg sagen, als der Verlauf im Internet.
Und das kann nicht schlecht sein.