Spoti-frei von Hingabe. Wie einfach doch manchmal scheiße sein kann

von Ben

Das Leben ist easy – right? Medienkonsum ist mittlerweile piece of cake, manche würden gar child’s play sagen. Pick your poison im Handumdrehen, wenn man bedenkt, wie umfangreich das Angebot an Ablenkung ist. Komplett fern von jeglicher Linie kehren wir dem Analogen den Rücken zu and give a crap. Egal was zum Konsumieren angeboten wird – läuft bei uns. Doch jetzt mal die Implantate auf den Tisch: ist das wirklich so großartig?

Konsum heißt Reflektion und der Spiegel der inneren Einsicht blendet immer dann, wenn wir mal genauer hinschauen. Doch Hinschauen weicht dem lateralen Augenaufschlag. Zu viele Augenblicke, zu wenig Gedanken – Adam und Eva haben sich nach dem ersten Dislike der Menschheitsgeschichte genug Ignoranz antrainiert, um die Lichter und Pornoheftchen auf dem Boulevard unserer Aufmerksamkeit auszublenden. Nicht Tinder, nein Filter ist die neue Zuwendung unserer Generation(EN).
So kommt es nicht von ungefähr, dass wir den Müßiggang der ‚Leidenschaft‘ ausblenden, um uns an der Erektion der ‚Schaft‘ zu erfreuen. Das Internet hat lang genug zugeschaut, wie wir uns anstellen, um am Ende den Brokkoliflieger gekapert und punktgenau im Schlund unserer medialen Gier zu landen. Ein Räuspern später und Husten – wir sind bequem! Es fehlt der Wilson, um uns zu retten. Broadcast away halt.

Als Napster noch cool war, weil man mit Skimaske und Kapuze G-to-G geshared hat, lud ich meinen ersten Song im Netz herunter: M.O.P. mit Cold as Ice. Über zwei Lautsprecher ohne den unteren Frequenzbereich der menschlichen Hörkurve schrien mich zwei Herren mit szenetypischen Kraftausdrücken an und ich fühlte mich wie der König des Internets. Mit genug Bandbreite ausgestattet, um nach einer Stunde und einem singenden 56k-Modem das akustische Brot vom Tisch derer zu downloaden, die selbst nix (zu tun) hatten. I robbed them Hood pretty good. Doch im Rausch dieser digitalen Taschengreiferei wurde man gierig und bis heute lagern noch viele Alben auf einer ebenso musikalisch ratternden Festplatte als Relikt meiner Sammelsucht. Ich war der Indoor Jones.

Verloren ging auf diesem Streifzug die eigentliche Liebe zum Produkt. Stand man noch stundenlang im Plattenladen und griff alles, was ein interessantes Cover oder einen vielversprechendes Feature hatte, um am Ende und zehn Euro leichter mit einer Neuentdeckung auf knisterndem Vinyl stolz wie Bolle nach Hause zu hüpfen, guckte man nicht mal ein Jahr später in den Ordner von Vinylking12_ftw und klickte gähnend auf alles, was einem Unterstrich mit rare folgte. Undergelaunt.

Heutzutage juckt illegal nicht mehr im Hoden. Wenn jemand eine Staffelbox bestellt, wird er gar verlacht, da die Kumpels bereits die nächste im Netz verfolgt und getrollt haben. Und so hört man Musik auch nur noch legal kostenfrei. Der Vinylking hat mittlerweile einen Führerschein und eine Spotify-Playlist, postet über Instagram Selfis von sich mit überproportionalem Cap, weil man das trägt, wenn man via Rechtsklick Mixtapes zusammenstellt. Und genau on the Spot stellen sich Inspirationen zusammen. Du kennst nur diesen Künstler? Hier, das könnte dir gefallen! Und leider funktioniert das auch sehr gut. Keine Plastiktüten und Hüpfen mehr auf dem Heimweg. Während man sich über die Scheibe wundert, die der Plattenladenbesitzer auflegt, haben die Könige des Vinyls unserer Zeit bereits online ausreichend viel neuen Sound gefunden, um Gesprächsstoff auf Tinder zu liefern. Was am Ende auf der Strecke bleibt, ist die Zuneigung zur Auseinandersetzung mit dem Produkt. Ein Klick ist manchmal weiter entfernt, als ein Nachmittag voller Musik. Kritiker mögen zwar meinen, dass solche Aussagen nicht befriedigen – halt hängengeblieben. Dennoch sollten wir uns nicht immer alles erleichtern lassen, da Steine im Schuh uns eventuell mehr über den Weg sagen, als der Verlauf im Internet.
Und das kann nicht schlecht sein.

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