The Art of The Showreel

von Dominic

„Senden Sie uns bitte ihr Reel, oder aussagekräftige Arbeitsproben zusammen mit der Bewerbung zu“ – so oder so ähnlich lauteten die Aufforderung vieler Firmen, bei denen ich mich in letzter Zeit vorgestellt hatte.
Das Showreel ist in der Branche groß gefragt. Unter einem Showreel versteht man dabei einen kurzen, möglichst spannend und ansprechend zusammengeschnittenen Clip, der dem Kunden zeigt, zu was man fähig ist. Wohingegen im Kamera-, Regie-, oder Ton-Departement weniger wert auf ein Showreel gelegt wird, so sind diese doch besonders im Bereich der visuellen Effekte, im Grafik- und Animationsbereich und im Farbkorrekturbereich sehr gern gesehen, da sie kurz und direkt zeigen, was man schon erstellt und bearbeitet hat. Viele Blogger haben dabei schon Tipps dazu verfasst, wie man sein Können am besten in Form eines Showreels verpackt.
Peter Quinn hat uns dabei mit seinem ganz eigenen Showreel gezeigt, wo die Probleme der Motion Graphics Branche liegen.

Peter Quinn ist seinerseits Art Director und selbsternannter „Motion Graphics Shaman“ bei der kanadischen Firma Blink Media. Er ist weiterhin damit beauftragt die eingesandten Showreels anzusehen, zu bewerten und eventuelle neue Arbeitskräfte zu kontaktieren. Kein Wunder, dass er sehr genau weiß, wie die Branche aktuell tickt und welche Klischees es zu beachten gilt.

 

peter-quinn

Als er Mitte dieses Jahres selbst sein eigenes Showreel begann, fiel ihm nach einem Drittel seiner Arbeit auf, dass er praktisch ein identisches Showreel zu einem seiner Bewerber erstellt hatte.

Und so begann er damit ein ironisches Showreel zu erstellen. Voll mit all den „Don’ts“, und Unarten der aktuellen Motion Graphics-Szene.

Dabei verarscht er charmant all die populären Stile der Animation, die aktuell so gern verwendet werden. Zu viel Plexus, unnötiges 3D-Tracking, drehende Smartphones und was es nicht noch aktuell für Design-Unarten gibt. Ironischerweise ist sein Reel dabei erstaunlich gut gemacht und beeindruckt auf eine charmante Art und Weise, die so anders von all den anderen Arbeitsproben ist.

 

Doppelkopf

von Martin

Die Geschichte von visuellen Effekten im Film ist keine der Geschichten, die man sich gemütlich am Lagerfeuer erzählt. Es würde einen ganzen Sammelband benötigen sie ausreichend und zur Zufriedenheit aller Pfadfinder des Cineasten-Sommerlagers wiederzugeben. Die (mutmaßlich) über 48 Ausgaben starke Buchreihe besticht mit schicken Covern auf denen neben vielen Anderen Gravity, Avatar und Der Hobbit um die Wette glitzern.

Kaum ein Film, der sich das Prädikat Hollywood-Blockbuster verdienen möchte, kommt heutzutage noch ohne digitale Effekte aus. (Anm. d. Red.: Ob das jetzt etwas Gutes oder Schlechtes ist, möchte ich an dieser Stelle Eurer Meinung in der Kommentarsektion überlassen.) In diese Betrachtungen fallen natürlich keine Low-Budget oder Independentproduktionen, sowie zum großen Teil das Art House Kino und Szenefilme.

Leider kommt es bei der allumfassenden CGI Schlacht des zeitgenössischen Hollywoods auch immer wieder zu Kollateralschäden und diejenigen, für die diese vielen Filme so aufwändig produziert werden, stören sich an dem artifiziellen Aussehen der Schauplätze, Charaktere und der teilweise – zugegebenermaßen – übertrieben animierten Flora und Fauna.

Da erfreut es umso mehr, dass es auch Computeranimationen gibt, die das Konsumentenauge in erster Linie gar nicht als solche wahrnimmt, welche dann aber, in dem Wissen es mit Bildern aus der Konserve zu tun zu haben, umso beeindruckender sind. Ein sehr gutes Beispiel sind die Winklevoss Zwillinge aus David Finchers The Social Network von 2010. Was steht da – „Zwillinge“? Pustekuchen! Ein Blick in die IMDB verrät was damit gemeint ist:

 

Winklevoss_IMDB

 

Der ein oder andere hat jetzt vielleicht ein kühnes „Verstehe ich nicht.“ auf den Lippen. Zur Aufklärung: Die als Zwillinge betitelten Winklevoss Brüder wurden nicht, wie durchaus üblich, von einem Schauspieler verkörpert, der sich in der Postproduktion auf wundersame, offensichtliche Weise verdoppelt hat – Nein. Fincher hat sich der Sache ein wenig diffiziler angenommen, in dem er die beiden Rollen mit zwei Schauspielern besetzen lies um dann nur das Gesicht von Armie Hammer auf den Körper von Josh Pence zu setzen – mit dem Ergebnis, dass sich jetzt zwei glaubhafte, individuelle Charaktere über Mark Zuckerberg aufregen können, denen man aber ohne zu zögern abkauft Zwillinge zu sein.

Um Körperhaltung und Bewegung auf einander abzustimmen mussten ganze Szenen von den beiden doppelt gespielt werden. Dass man dafür eine Menge moderner Technik und viel Zeit benötigt, steht außer Frage.

Schaut Euch dazu dieses Behind the Scenes an!

Hier haben Fincher und seine VFX-Artists folgendes geschaffen: eine angenehme, homogene Mischung von Realität und Computergrafik, bei der man nicht den Kopf schütteln muss, weil einem die Effekte wortwörtlich (angesichts des derzeitigen 3D Wahnsinns) ins Gesicht geworfen werden. Vielleicht lässt sich das mit den guten alten Cartoons vergleichen, bei denen man sofort erkennen konnte was sich als nächstes bewegt, weil die Linien um das Objekt oder die Person dicker waren als beim restlichen Bild. Damals cool – heute lästig.

Es guckt sich einfach gut weg. Würde man sagen wenn man auf der Straße darauf angesprochen wird.

Und das ist genau das, was begeistert. Ein Film, dem man den ungeheuren Aufwand auf den ersten Blick nicht ansieht und der einem das Gefühl verschafft nicht genau zu wissen warum, aber mit Bestimmtheit sagen kann, dass er einem gefällt.

Also anstatt beim nächsten Zeltlager sofort zum großen „How to Avatar Folianten“ zu greifen, fühlt Euch frei – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – im fincheresken Pfennigroman zu blättern.

 

 

Der Film als Ausbruch aus einer Subkultur

von Ben

Vor vielen Jahren war die Welt der Videospiele für die meisten Menschen ein unzugänglicher Ort, deren autarke Regeln und Mechanismen aus der Feder Jules Vernes stammen könnten. Die Bewohner in den Kutten ihrer eigenen Nische gehüllt, als Liebhaber einer exotischen Frucht abgestempelt, jedoch selten als integrativer Teil der Gesellschaft angesehen. Versteht mich nicht falsch – Videospieler waren keineswegs krasse Außenseiter, jedoch erschien der Gegenstand ihres Interesses von Außen betrachtet undefinierbar, fern von der Faszination, die Gamer dazu bewegt, einen Großteil ihrer Zeit mit dem Explorieren von interaktiver Fiktion zu verbringen. Diese Entkopplung von populären Massenmedien hielt dadurch lange Zeit an und separierte das reichhaltige Universum der Videospiele von der sonst so weit verbreiteten Welt der Medienkonsumenten. Aufzuarbeiten, weshalb diese Trennung so resistent war, würde an dieser Stelle zu weit gehen, jedoch stellen sich fein-motorische Einarbeitung und Annahme, sowie Manipulation fester Regeln und Mechanismen innerhalb einer ungewohnten Interaktion als Barrieren dar – der Nutzer wird aus seiner passiven Rolle gedrückt und zum erfolgreichen Durchleben einer Geschichte in die Situation des Handelns gezwungen. Die Aneignung von szenetypischem Vokabular, Wissensgegenständen und natürlich die Subtraktion anderer Aktivitäten liegt nicht jedem und so war Computerspielen das, was eine klassische soziale Nische ausmacht: eine Subkultur, die eine Abgrenzung zur anderen sozialen Gebilden erfährt. Die damit bestehende Vorurteilsbildung und Außergruppeneffekte sind damit nur einer natürliche Reaktion auf dieses “Untergeschoss” unseres sozialen Gefüges, führen aber wie alle meinungsbildenden Gruppendynamiken zu einer Menge Missverständnisse und damit Probleme für die beteiligten Personen.

Der Aufbruch dieser verkrusteten Meinungsstruktur geschah schleichend, wurde aber durch eine Annäherung der Inhalte von Videospielen an ein – zumindest vor über 10 Jahren noch – größeres und sozial akzeptiertes Medium beschleunigt: den Film. Als 2002 Regisseur Paul W.S. Anderson mit der Videospielverfilmung Resident Evil auch einem thematikfernen Publikum zumindest die Ideen dieser Spielwelt reißerisch aufbereitete, entpfropfte er zumindest langsam das taube Gehör und rieb den Sand der Ignoranz aus den Augen des Mainstreampublikums. Natürlich beschränkte er sich in seiner cineastischen Umsetzung auf massentauglichwirksame Effekte – Zombies, Blut und so. Für den Kenner der Serie war die Verfilmung von der Vorlage soweit entfernt, wie Scooter vom Dreiklang. Schnell erkannte jedoch die Industrie, dass ein kreatives Anheften an der Welt der digitalen Fiktion den Konzeptionsprozess beschleunigt und effektiv Geld in die Kassen spülen kann. Zweifelhafte Inszenierungen von hervorragenden Games folgten damit auf den Fuß: Doom, Max Payne, Hitman. Diese Franchises mussten innerhalb dieser Inspirationsprostitution die Augen schließen und es über sich ergehen lassen. Das klingt im ersten Moment negativ, aber hatte einen positiven Seiteneffekt: die Welt der Gamer katapultierte sich aus der Subkultur, wurde quasi in der 80. Minute eingewechselt, um dem uninspirierten Spielaufbau des filmischen Angriffsspiels noch ein paar frische Akzente zu verleihen. Die Nische öffnete ihre Tore und gab zumindest einen Teil ihrer Komplexität einem größeren Publikum frei. Jedoch erfolgten diese Adaptionen aus dem Blickwinkel von Außenstehenden. Stets bemüht, an der Vorlage zu bleiben, doch nicht fähig, ihre Sprache zu sprechen, verfehlten die Schöpfer dieser Machwerke zumindest das Sekundärziel, auch dem Gamer eine zufriedenstellende Neuinszenierung ihres Alltagsgegenstandes zu geben.

Dieses Missverständnis befindet sich nun jedoch in einem Wandel, da die Kompetenzen sich immer mehr überschneiden. Man hat festgestellt, dass die Welt der Gamer nicht nur auf cineastischer Ebene für ein Publikum funktioniert. Viel mehr lechzen die Konsumenten nach einer ganz anderen Qualität: Empathie. Die Aufbereitung von Videospielinhalten innerhalb eines Massenmediums ist die hilfreiche Hand für einen Verschollenen, der im Ozean seiner Subkultur auf den Grund der Isolation gezogen wird. Über diesen Weg konnte er eine neue Plattform der Aufmerksamkeit erhalten und -richten, die nicht nur von Außen wirkt, sondern auch die eigene Selbstreflexion befeuert. Wer bin ich? Was macht mich aus? Wo befinde ich mich? Gesellschaftliche Stellung und Identität erhalten eine neue Qualität, indem Filmemacher aus dieser bisherigen sozialen Nische des Gamers einen Leuchtturm der Empathie erschaffen. Gamer kommunizieren über den Film auf der Metaebene ihrer Existenz und kreieren damit ein Gefühl der sozialen Berechtigung ihrer Nischenkumpel.

Mit Bravour hat das Freddie Wong und sein Produktionsteam Rocket Jump in der crowdgefundeten Serie Video Game High School oder kurz VGHS geschafft, die die klassischen, ja fast schon stereotypischen Probleme eines Jugendlichen in seinem schulischen Umfeld beleuchtet – mittlerweile in der dritten Staffel. Nur ist diese Highschool darauf spezialisiert, ihren Schülern Gaming-Fertigkeiten zu vermitteln. 10 Uhr – Egoshooterschulung, 12 Uhr – Guitar Hero-Grundkurs 101, 13 Uhr – Pizza aus der Dose in der Mensa. Alles gebündelt in einem effektgeladenen Highschooldrama erkennt jeder, der in seinem Leben innerhalb dieser Subkultur aufgewachsen ist, sich zu einem gewissen Prozentsatz wieder.

Für Außenstehende mag diese Aufbereitung immer noch fremd und kryptisch sein. Jedoch sind wir mittlerweile in einer Zeit des Bewusstseins angekommen. Reflexion über die Welt und ihre Bewohner einer Verne-esken Schönheit gibt jedem die Möglichkeit, zu einer offen und neu geführten Auseinandersetzung mit einer Subkultur.

Und das kann nur gut sein.

 

Time to respawn

von Dominic

17 Jahre ist es nun her, dass Spawn (Regie: Mark A.Z. Dippé) in die Kinos kam. Die Fangemeinde der gleichnamigen Comics von Todd McFarlane war gespannt, wurde jedoch damals größtenteils enttäuscht. Besonders schwache Dramaturgie, eine uninspirierte Erzählform und ein zu exzessiver VFX- und Special Effects-Gebrauch zwang die Kritiker dazu nur mittelmäßige bis niederschmetternde Bewertungen zu schreiben – zu wenig für einen Film mit großer Fanbase, noch viel größeren Erwartungen und einem Budget von nahezu 40 Millionen Dollar.

Michael Paris zeigt uns in diesem Jahr wie es besser laufen kann. Der französische Filmemacher erschuf zusammen mit nur einer handvoll Freunde und einem Budget von lächerlichen 60 US Dollar (für Catering, Kostüme und Maske) einen achtminütigen Kurzfilm.
Nach eigener Aussage wollte er dabei niemals Profit machen, oder groß rauskommen. Sein Werk, das den Namen Spawn: The Recall trägt, entstand ausschließlich aus Liebe zu McFarlanes Comics und wird oft als Fan made Film bezeichnet. Dabei ist dieser Kurfilm viel mehr.

Spawn: the Recall ist die Geschichte einer ehemaligen Hexe und ihrem Sohn, welche versuchen ein Leben weit weg von Magie und der Dunkelheit zu leben. Während die Beiden im Supermarkt einkaufen sind, verschwindet plötzlich ihr Sohn. Sie merkt jedoch schon schnell, dass hier dunkle Mächte am Werk sind…
Spawn: The Recall stellt dabei einen sehr atmosphärischen Kurzfilm dar, dem man von Anfang an anmerkt, dass viel Herzblut und Leidenschaft in diesen Film geflossen sind. Besonders die Hingabe zum Sounddesign und den visuellen Effekten verdient es, dass man den Hut vor diesem Werk zieht.

Vorallem, wenn man sich die Tatsache vor Augen hält, dass der gesamte Film auf einem einzigen Computer entstanden ist, mit einer Prosumer Kamera (Sony EX3) und einer DSLR als B-Kamera (Canon 60D) produziert wurde und keinerlei Budget für weitere Technik vorhanden war.

So verwundert einen die Produktionszeit wenig: Knapp vier Drehtage stehen zwei Jahren Postproduktion gegenüber.
Michael Paris sagt selbst, dass er all die Arbeiten an seinem Kurfilm in seiner Freizeit neben dem Beruf abgeliefert hat und von vornherein ein großer Lernprozess über dem gesamten Projekt stand.
Weder die Flüssigkeits- noch die Rauchanimationen waren Dinge, die er jemals zuvor umgesetzt hatte.
Dennoch kann man am Ende dieses Kurfilmes nur applaudieren. Michael Paris schafft wovon jeder kleine und junge Filmemacher träumt: Ein Kurfilm voller Leidenschaft, der qualitativ zwar nicht an die großen Hollywood Produktionen heran kommt, aber zeigt, dass heutzutage auch der kleine Filmschaffende mitreißende Werke produzieren kann.

Am Ende bleibt nur die Frage offen, was wäre passiert, wenn man Michael Paris 40 Millionen Dollar in die Hand gedrückt hätte.