von Ben
In den Zeiten rasanter technischer Entwicklungen läuft jedes Berufsbild Gefahr, durch den bösen Geist der Maschine ersetzt zu werden. Was bei Ghost in the Shell natürlich als fast schon romantische Verklärung der Eigenständigkeit und Emanzipation eines technischen Bewußtseins zu empirisch-gesellschaftlich unergründeten Problemfällen führt, muss natürlich nicht so weit getrieben werden. Die augenscheinliche Gefahr beschreitet nicht den Pfad der Utopie und zeichnet sich bei weitem noch nicht in einer Art technokratisierter Selbstbestimmung aus, sondern lässt sich bereits heutzutage in der rauen See des Wasserglases unseres Alltages finden.
Die Angst des Menschen, in seiner Expertise ersetzt zu werden, ist real. Das Handwerk scheppert gar hölzern dennöch in Richtung Auswechslung, sodass die kalte Hand des Fortschritts fast beiläufig abklatscht, um zu zeigen, wer hier Fortschritt ist
So auch im Bereich der Kameratechnik, wo sich zeigt, dass wir in Sachen Bildgestaltung wohl eher dem Hauptverantwortlichen der Postproduktion über die Schulter gucken, als dem grimmigen Kameramann mit 20 Lenzen an Erfahrung. “Wir brauchen einen Cutter” schallt es wahrscheinlich bald durch die Räumlichkeiten der Produktion und ringt nach der Einschätzung des Mannes, der normalerweise im Kalender der Medienerstellung viel weiter hinten auftaucht.
Grund dafür ist die Lytro Immerge und deren Verwandte. Der aktuelle Ableger aus dem Regal der Lichtfeldkameras ist in der Lage, 360-Grad Material zu schießen. Was die BILD-Zeitung aktuell im Kriegsgebiet ausprobiert, um dem Kampf gegen ISIS etwas Entertainment für den plebiszitären Sofagenuss abzuverlangen, ist jedoch in diesem Beispiel nicht die Krux. Das Stichwort ist hierbei “Lichtfeld”, was Videoaufnahmen zu einer mehrschichtigen Angelegenheit macht. Die plenoptische Erfassung macht es möglich, neben der Position auch die Richtung des einfallenden Lichtes auf dem Sensor zu erkennen. Damit lassen sich Bildpunkte in ihrer Anordnung im Raum bestimmen und nachträglich Schärfenverlagerungen, sowie die Abtastung des Bildes über das Rohmaterial realisieren.
Demnach braucht es bei einer plenoptischen Erfassung im 360-Grad-Winkel kaum mehr einen Kameramann, der die Geschichte eines Bildes erzählt. Vieles lässt sich nun mehr in der Post lösen. Damit wäre die “Sippe” des Kameramanns in Gefahr. Der Regisseur positioniert die Lytro Immerge im Raum und überlässt dem geduckten Volk der Videoverwertung die Ausgestaltung des Bildes.
Die Frage ist nun – Wollen wir das? An dieser Stelle lässt sich dies nicht beantworten. Einzige Erkenntnis ist, dass der Fortschritt unserer Technik neue Fragen und Berufsbilder aufwirft. Am Ende wird sich zeigen, ob sich Tradition oder die Möglichkeiten unserer Mittel durchsetzt.